Joggen und Co.: Ab wann ist Sport nach der Geburt wieder sinnvoll?

Joggen beziehungsweise Sport und Bewegung allgemein gelten ganz klar als Gesundheitsvorsorge Nummer eins. Das gilt natürlich auch für Schwangere und „frischgebackene” Mütter. Von den ersten Schwangerschaftswochen an kann jede Frau daher auch mit moderater Bewegung einen wertvollen Beitrag leisten, um sich den Herausforderungen des neuen Lebensabschnitts besser stellen zu können. Wie schon in der Schwangerschaft kommt es dabei auch nach der Schwangerschaft darauf an, die ein oder andere Besonderheit zu beachten; um die Frage „Ab wann ist welcher Sport nach der Geburt eigentlich wieder sinnvoll ?” für alle Beteiligten zufriedenstellend zu beantworten.

Zu den Top-drei-Fragen in der ersten Stunde eines neuen Rückbildungskurses gehört gerne die Frage „Wann kann/darf ich endlich wieder joggen?“ Erfahrene Kursleiterinnen weisen dann auf die 9-Monats-Faustformel hin: Wieder fit werden dauert mindestens genauso lange wie schwanger sein. Die gesamte Statik des Körpers – und speziell der Beckenboden beziehungsweise die Beckenbodenmuskulatur – hat schließlich eine enorme Kraftanstrengung und Veränderung hinter sich. Wer dann zu schnell und zu ambitioniert an den Start geht, der wird im Zweifelsfalle auch sehr schnell – und äußerst demotivierend – von Mutter Natur wieder ausgebremst werden. Das oberste Trainingsmotto muss daher lauten: mäßig, aber regelmäßig. Und das natürlich nicht erst in neun Monaten, sondern praktisch „ab sofort” – Timing und Intensität sind dabei grundsätzliches alles.

Rückbildungskurs erste Stunde: „Ab wann darf ich nach der Geburt wieder Sport machen?”

Bevor du dir Gedanken zu einem wie auch immer gearteten Training machst, bedenke immer: Mutter zu sein bedeutet bereits automatisch stets „Kontaktsport“ zu machen: Du hebst dein Baby hoch, füttert es, und wenn noch ältere Geschwister dazukommen, musst du auch mit deren Laufen, Springen, Toben und Gefühlsausbrüchen fertig werden … So machst du bereits den ganzen Tag über Sport – bewusst oder unbewusst.

Wie belastbar ist mein Körper nach einer vaginalen Entbindung?
Wenn du vaginal entbunden hast, kannst du bereits am Tag nach der Entbindung im Wochenbett mit sanften Übungen beginnen. Die Vorteile von Bewegung nach der Geburt sind ähnlich wie die Vorteile in jeder anderen Lebensphase: Bewegung kann die Energie steigern, Stress abbauen und dir ein gutes Körpergefühl (zurück)geben.

Wichtig in dieser ers­ten Trainingsphase im Wochenbett ist dabei, dass du deinen Beckenboden nicht zu sehr beanspruchst und Erschütterungen – wie sie beim Joggen beziehungsweise Laufen auftreten würden – möglichst gering hältst. Viele junge Mütter überschätzen ihre Belastbarkeit diesbezüglich und erreichen leider das genaue Gegenteil des ursprünglich angestrebten Trainingseffektes. Die Folgen können eine Blasenschwäche oder eine Absenkung der Blase beziehungsweise der Gebärmutter sein. Deine Hebamme ist auch hier in jedem Fall die richtige Ansprechpartnerin, um zu beurteilen, inwieweit dein Beckenboden nach der Geburt schon wieder belastbar ist.

Wie belastbar ist mein Körper nach einem Kaiserschnitt?
Wenn du per Kaiserschnitt entbunden hast, erhol dich am besten zunächst erstmal und warte etwas länger (rund zehn bis zwölf Wochen), bevor du mit Sport beginnst. Ein Kaiserschnitt ist schließlich eine Operation und die einzelnen Narbenschichten müssen demzufolge erstmal langsam wieder zusammenwachsen. Als Faustregel gilt: Sport nach Kaiserschnitt bedeutet zunächst einmal, dass du nichts Schwereres als dein Baby hebst. Und zusätzlich gilt auch hier wie immer: Sprich mit deinem Gynäkologen, bevor du mit einem Training beginnst – jede Frau kommt anders mit der Narbenbildung zurecht.

Sport in der Schwangerschaft

Zur Orientierung hier noch mal ein Blick zurück zum Thema Sport für Schwangere. Wie ist der Wissensstand rund um das Thema „Puls hoch für Schwangere”? Hier die wichtigsten Fakten:

• Der Herzschlag des Babys ist nachweisbar und bei Mutter und Baby ist auch sonst alles in Ordnung? Dann spricht nichts gegen körperliche Aktivität.
• Sportlich aktive Schwangere nehmen weniger zu und erkranken seltener an Rückenschmerzen, Krampfadern, Bluthochdruck oder Schwangerschaftsdiabetes.
• Wer gesund ist, kann in der Schwangerschaft Sport machen. Körperliche Aktivität während der Schwangerschaft erhöht nichtdas Risiko einer Frühgeburt.
• Jede Frau kann Sport machen, wenn es ihr währenddessen und anschließend gutgeht.
• Je weiter die Schwangerschaft fortschreitet, desto sanfter solltest du trainieren/deinen Puls erhöhen.
• Zu den sichersten Sportarten für Schwangere zählen: Schwimmen, Walken, Gymnastik, Pilates und Yoga (kein „Hot Yoga”). 
• Bei allen Sportarten ist darauf zu achten, nicht die geraden Bauchmuskeln zu trainieren.
• Gewicht- und Hanteltraining ist mit folgenden Einschränkungen in Ordnung: a) weniger Widerstand – mehr Wiederholungen und b) immer gleichmäßig weiteratmen – nie die Luft anhalten.
• Beim Joggen läuft es für Trainierte – zumindest im ersten Trimester – wie immer. Dann heißt es: Tempo drosseln, Puls runterfahren und möglichst aufs Walken umsteigen. Das ist eine gelenk- und beckenbodenschonende Alternative, die deinen Puls automatisch niedrig hält.
• Durch die sich im Verlauf der Schwangerschaft immer weiter lockernden Bänder und Sehnen steigt die Verletzungsgefahr. Besonders bei Ballsportarten, die ja häufig mit viel Laufen, Abstoppen oder Springen einhergehen. Ballsportarten sollten daher spätestens ab der 18. bis 20. Woche – wenn der Bauch sichtbar und spürbar größer wird – vermieden werden. 
• Mannschaftssportarten wie Handball oder Fußball sind aufgrund ihres hohen Körperkontaktes „von Natur aus” mit einem hohen Verletzungsrisiko versehen und sollten daher gemieden werden. Ebenso Reiten – nicht aufgrund der Bewegung selbst, sondern aufgrund des konstant erhöhten Unfallrisikos.
• Schwangere sollten sich idealerweise an vier bis fünf Tagen die Woche beziehungsweise rund 150 Minuten pro Woche sportlich bewegen. 

Mit welchem Sport beziehungsweise mit welchem Training sollte ich nach der Geburt anfangen?

• Beginne zum Ende der Wochenbettzeit hin mit Spaziergängen, Beckenbodentraining und Übungen für die tiefen Bauchmuskeln. Fange dabei mit kurzen Spaziergängen an und lasse die Strecke nach und nach länger werden. Täglich bis zu 30 Minuten Gehen ist der gesündeste Weg, um wieder „ins Spiel” zu kommen. 
• Um deine Bauchmuskulatur zu stärken, solltest du zunächst bewusst die tiefen Bauchmuskeln trainieren. Sie stabilisieren dein Becken sowie den unteren Rücken und verringern eine eventuelle Rektusdiastase. Achte bei den Übungen für die tiefen Bauchmuskeln darauf, ruhig ein- und auszuatmen. Wenn du – was weit verbreitet ist –  bei Anstrengung die Luft anhältst, kann das deine Bauch- und Rumpfmuskeln schwächen. Übe das Ausatmen daher bei allen möglichen Alltagsaktivitäten – zum Beispiel auch, wenn du Stuhlgang hast: versuche deinen Bauch mit den Händen abzustützen und dabei auszuatmen. 
• Wenn du deinen Rückbildungskurs abgeschlossen hast und dich gut fühlst, kannst du langsam wieder in den Sport einsteigen, den du vor der Schwangerschaft ausgeübt hast. Yoga, Pilates, Schwimmen und längeres Radfahren zum Beispiel sind dann ebenso wieder drin wie auch Reiten. Letzteres ist grundsätzlich sogar empfehlenswert, da der Beckenboden durch das Anspannen und Loslassen besonders effektiv trainiert wird. Wenn du Mannschaftssport betrieben hast, nutze das Training zunächst dafür, deine Kondition langsam wieder aufzubauen, bevor du an Wettspielen teilnimmst.

Welchen Sport mache ich nach der Geburt (erstmal) besser nicht?
In den ersten neun Monaten nach der Geburt ist grundsätzlich von allen Sportarten abzuraten, die Erschütterungen für deinen Körper (und besonders den Beckenboden) mit sich bringen: wie zum Beispiel Tennis, Joggen oder Trampolin-Springen. Auch die geraden Bauchmuskeln sollten nicht durch das Heben von Gewichten beziehungsweise ein generell sehr herausforderndes Fitnesstraining belastet werden. Weiterhin solltest du alle Sportarten meiden, bei denen du gestoßen oder geworfen wirst – also zum Beispiel Boxen oder asiatische Kampfsportarten wie Judo.

Grundsätzlich gilt: du bist durch die Schwangerschafts- und Stillhormone (zum Beispiel Relaxin und Prolactin) wesentlich verletzungsanfälliger. Während du mit einem sicheren Training deine Tiefenmuskulatur jedoch sehr effektiv trainieren kannst (und damit deine Gelenke vor Verletzungen schützt); kannst du dein fasziales Gewebe – also deine Bänder und Sehnen – durch Training kaum stabilisieren. Dieses Gewebe wird erst nach dem Abstillen – aufgrund der natürlich Hormonumstellung – wieder fester.

Hat Sport nach der Geburt Auswirkungen auf die Muttermilch/das Stillen?
Klares „Jein”: Untersuchungen zufolge hat eine moderate sportliche Aktivität zwar keine Auswirkungen auf die Milchmenge beziehungsweise die Milchkonsistenz/-qualität; dennoch kommt es manchmal vor, dass Babys „rummäkeln”. Wenn du dir diesbezüglich also Sorgen machst, solltest du dein Baby vorher anlegen oder die Milch rechtzeitig abpumpen.

Welche Rolle spielt mein Alter beziehungsweise die Anzahl der Vorgeburten beim Sport nach der Geburt?
Das Alter selbst hat keine besonders starke Aussagekraft, entscheidend ist eher die allgemeine Fitness. Und die kann bei einer 35-jährigen natürlich besser ausgeprägt sein als bei einer 20-jährigen Schwangeren beziehungsweise Mutter. Und ja, ein Beckenboden ist natürlich schon mehr belastet wenn bereits ein, zwei oder mehr Kinder vorher zur Welt gekommen sind. Aber auch hier gilt: wer gut auf sich und seine Bedürfnisse hört und diese achtet, regeneriert in der Regel auch schneller und besser. Von daher muss man bei der zweiten oder dritten Schwangerschaft auch nicht grundsätzlich mehr – aber eben auch nicht weniger – aufpassen als bei der ersten.

Fazit: „Schneller, höher, stärker” ist fehl am Platz.

Aus „Schneller, höher, stärker” muss nach der Geburt vor allem ein „ruhiger, langsamer, achtsamer” werden. Zuerst sanfte Wochenbettübungen, dann Rückbildung, dann Schritt für Schritt – je nachdem wie du dich fühlst – immer ein bisschen mehr Bewegung. Wenn du mit Sorgfalt und Augenmaß Sport machst, bist du auf dem richtigen Weg. Höre dabei stets aufmerksam auf die Signale deines Körpers. Und bedenke vor allem: Stillen allein ist schon eine kräftezehrende Sportart für sich.