„Stillen kann man lernen!” Ein Interview mit der Hebamme Patricia, die dafür das Still-Kit entwickelt hat.

Kirsten: Liebe Patricia, wir reden heute über ein Thema, dass dir in den über 20 Jahren, die du schon als Hebamme tätig bist, ganz besonders ans Herz gewachsen ist – nämlich das Stillen. Warum ist dir das so wichtig? 

Patricia: Das Besondere am Stillen ist, dass es in einer Phase beginnt, über die sich die meisten oftmals sehr wenige bis gar keine Gedanken machen – die Zeit direkt nach der Geburt. Direkt ab „Tag 1” sozusagen. 

Kirsten: Und es wird häufig wenig thematisiert. Weder im Geburtsvorbereitungskurs, bei der Betreuung durch die Hebamme in der Schwangerschaft oder seitens der ärztlichen Vorsorgeuntersuchungen wird ausgiebig darüber gesprochen oder informiert. 

Patricia: Und aus meiner Erfahrung kann ich nur sagen: Jede werdende Mutter sollte sich im Rahmen von Stillgesprächen auf das Thema vorbereiten. Das dauert nicht lange und hilft enorm, um diesen komplett neuen, noch nie dagewesenen Lebensabschnitt emotional und körperlich gut beziehungsweise besser zu „meistern” beziehungsweise so glücklich und zufriedenstellend wie eben möglich zu erleben.

Kirsten: Ist das nicht ein ganz natürlicher Prozess, um den man sich eigentlich gar nicht weiter kümmern muss? Frei nach dem Motto: „Die Natur wird’s schon richten?

Patricia: Dass es ein natürlicher Prozess ist, bedeutet ja nicht, dass er (auch) durchaus auch „Probleme” bereiten kann. Stichwort „Mangelnde Milchbildung” oder „Wunde Brustwarzen” …

Kirsten: Du meinst also, auch nach der Geburt „kommt noch was“!?

Patricia: Es ist doch so: Mit Einsetzen der Schwangerschaft dreht sich alles a) um die Schwangerschaft und b) um die Geburt: den „Tag X”. Da wird sich informiert, da wird recherchiert, Beratungen um Beratungen finden statt … Aber um das, was nach der Geburt, sozusagen „ab Tag 1” kommt, darum machen sich die allerwenigsten Gedanken. Und das ist oftmals schwierig, denn gerade die Wochenbettzeit ist emotional beziehungsweise psychisch oftmals eher eine recht wilde Achterbahnfahrt und nicht immer das harmonische, sanfte Hineinwachsen in eine Zeit, über der nur rosarote Wolken schweben. 

Kirsten: An die Zeit kann ich mich auch noch sehr gut erinnern beziehungsweise sie ist mir auch wieder sehr bewusst geworden, als ich im Rahmen meiner Blogs ein Interview mit Clara Teschner, der Gründerin von Myclarella , geführt habe, die ja auch eine „ganz besondere” Wochenbettzeit erlebt hat. 

Patricia: Wichtig ist als Nächstes zu wissen, das auf das Stillen beziehungsweise die Stillzeit vorbereitende, das Thema vertiefende Gespräche – im Rahmen der allgemeinen Aktivitäten zur Geburtsvorbereitung – nicht zum „normalen” Umfang gehören. Als Schwangere muss man da schon ein gewisses Maß an Eigeninitiative an den Tag legen, wenn man mehr wissen möchte als das, was einem in einer Stunde im Rahmen des Geburtsvorbereitungskurses vermittelt wird. Und dann muss man natürlich auch eine Hebamme finden, die Stillgespräche anbietet. Das macht halt nicht jede Hebamme.

Patricia begleitet als Hebamme seit über 20 Jahren junge Familien in den ersten Wochen nach der Geburt. © Patricia Langeheinecke

Kirsten: Ich habe mich neulich mit einer Hypno-Birthing-Kursleiterin unterhalten, die so schön sagte: „Im Prinzip erzähle ich den Frauen ja nur von einem Tag in ihrem Leben. Und was danach kommt – das ist sooo viel mehr und ist sooo viel länger. Und warum betreibst du so einen Aufwand für die Planung dieses einen Tages? Natürlich soll die Geburt schön sein und gut laufen und man soll sich gut aufgehoben fühlen. Na klar, das steht auch nicht zur Diskussion. Aber trotzdem – so vom Zeitaufwand und der Verhältnismäßigkeit her …”. 

Patricia: Genau! Aber ich glaube, die Zeit danach können sich viele einfach noch gar nicht vorstellen. Man weiß ja einfach nicht, was da für ein Mensch in das eigene Leben tritt. Bei den einen sind es „entspannte” Kinder und es läuft alles ganz einfach und bei den anderen sind es eher „anspruchsvolle” Kinder und da läuft es eben ein bisschen anders. Es kommt wie es kommt! Niemand kann sich vorher vorstellen, wie krass sich das Leben auf einmal verändert. Und deswegen wollen wahrscheinlich auch viele noch gar nicht so sehr darüber nachdenken, glaube ich. Der Haken dabei ist nur: durch „nicht-drum-kümmern” verschwindet das Thema nicht einfach.

Kirsten: Als ich deinen Flyer neulich in eine Schwangeren-Yogastunde mitbrachte, bestätigte eine Frau, dass sie sich bei ihrem ersten Kind tatsächlich mehr Gedanken ums Stillen als um die Geburt gemacht hatte und sie sich damals einer sanften Laserbehandlung unterzogen hatte, um ihre verletzten Brustwarzen zu heilen. Ich fand das interessant, weil ich das bis jetzt sehr selten erlebt habe, dass sich jemand mehr Gedanken ums Stillen als um die Geburt macht. 

Patricia: Ja, doch, vereinzelt gibt es solche Frauen auch tatsächlich. Manchmal kommt es auch vor, dass Frauen unbedingt stillen wollen – die machen sich dann aber oft auch eher in die Richtung Sorgen, dass es eventuell nicht klappen wird. Ich unterstütze sie dann darin, vertrauensvoll in die Zukunft zu schauen und Vertrauen in sich zu haben, dass es einfach gut funktionieren wird.

Kirsten: Oftmals unterliegen Frauen leider einem Leistungsdruck, der aus den unterschiedlichsten Richtungen kommt und sich auch auf die unterschiedlichsten „Bereiche” auswirken kann. Manche „schämen” sich zum Beispiel dafür, dass sie sich unter der Geburt eine PDA haben legen lassen oder das es zu einem Kaiserschnitt gekommen ist. Da setzt jedes gesunde und völlig zu Recht – weil nämlich der eigenen Gesundheit zuliebe stattfindendes – ichbezogene Denken aus und die Frau tritt in einen geradezu sportlichen Wettkampf mit sich selbst und Ihresgleichen. Frei mach dem Motto „Die Bessere gewinnt”. 

Patricia: Ja, da wird vielen Frauen so viel Druck von außen gegeben! Und wenn es dann tatsächlich auch nicht so gut klappt mit dem Stillen, wird der Druck von außen sogar noch größer!  Dann wissen es „alle anderen” besser und die Frauen werden noch mehr verunsichert. Ich kann aus 20 Jahren Erfahrung nur sagen: Die Erkenntnisse aus einem Stillgespräch im Vorfeld können einer Frau dabei sehr helfen, gar nicht erst in eine solche unangenehme und völlig unangebrachte Situation zu kommen.

Kirsten: Patricia, gibt es so typische Fragen, die dir gestellt werden wenn du ein Stillgespräch führst beziehungsweise eine Stillberatung machst? Fragen oder auch Themen, von denen du weißt, dass sie garantiert in jedem Gespräch kommen?

Patricia: Die meisten Fragen lauten tatsächlich: „Wie oft muss ich mein Kind anlegen?” oder „Soll ich die Brust beim Stillen wechseln?” oder „Muss ich mein Baby zum Stillen wecken?” oder „Was kann ich tun, um mich vor wunden Brustwarzen zu schützen?” oder auch „Was mache ich bei wunden Brustwarzen?”. Dann kommen die ganzen Fragen, die mit „Ich habe gehört, dass …” anfangen. Das Spektrum ist recht groß! Charakteristisch ist bei vielen Fragen, dass sie – rein inhaltlich – von Anfang an oftmals einen negativen Grundton haben und immer eine gewisse Furcht geschürt wird. Aber viele Frauen machen sich vorher auch gar nicht so große Gedanken. Aber spätestens im Wochenbett kommen Sie dann doch drauf: Ach ja … Stillen … worauf kommt es da nochmal an?

Kirsten: Das kann ich mir gut vorstellen!

Patricia: Ja, weil sie sich ja eben vorher keine Gedanken machen und alles so ein bisschen „auf sich zukommen” haben lassen. Wie gesagt – „meinen” Frauen, denen erzähle ich das ja in der Schwangerschaft; die sind – theoretisch – immer schon gut vorbereitet. Wobei viele auch wieder vergessen, worauf sie achten sollten – aber das ist ja auch ganz normal. Das Gute an dem Thema ist: Man kann es einfach nicht vergessen! Es schiebt sich garantiert von ganz allein wieder auf Platz 1 der To-do-Liste!

Und gerade dann, wenn das Thema ganz plötzlich nachts um drei wichtig wird, wenn eine Frau dann eben nicht weiß, was sie machen soll und genau in dem Moment eben auch keinerlei Unterstützung hat in der Klinik – weil das Personal einfach keine Zeit mehr hat – dann kommt so ein ganz ungutes Gefühl der Hilflosigkeit auf. Und genau diesem Moment so gut es irgendwie geht vorzubeugen – darin besteht der Sinn und Zweck eines Stillgespräches beziehungsweise einer Stillberatung.

Kirsten: Viele „gehen” ja doch auch sehr schnell nach Hause nach der Geburt. Zu einem Zeitpunkt, zu dem sich zwischen Mutter und Kind noch so gar nichts einspielen konnte oder man auch einfach noch nicht wirklich Lust hatte, etwas zu üben, weil man einfach noch „fix und fertig” war …

Patricia: Das kommt noch dazu! Und oft gehen die Frauen ja wirklich schon so nach zwei, drei Tagen – und kommen dann leider aber auch schon mit Problemen nach Hause. Also ich erlebe das manchmal, dass das Kind entweder noch nicht oft genug angelegt wurde – vielleicht drei-, viermal am Tag; weil es einfach viel geschlafen hat und die Frau nicht so recht wusste, ob sie es wecken sollte oder nicht – oder dass die Kinder dann auch schon mal zwischendurch mit der Flasche gefüttert wurden. Gerade das sollte man natürlich vermeiden am Anfang – sonst kommt es gerne mal schnell zur „Saugverwirrung”. 

Kirsten: Kannst du die Saugverwirrung kurz beschreiben?

Patricia: Das ist so: sobald sie einmal die Flasche bekommen haben, nehmen Babys die Brust meistens schlechter an. Das ist dann immer sehr schade, weil man dann zu Hause erst mal irgendwie zusehen muss, dass die Kinder wieder die Brust nehmen. 

Kirsten: Aber zurück zu „drei- bis viermal Stillen pro Tag” – das ist zu wenig, oder?

Patricia: Ja! Das ist viel zu wenig. Da muss man schon mal ein bisschen „eingreifen”. Aber na klar, wenn beide eine anstrengende Geburt hatten, sind sowohl Mutter als auch Baby erschöpft – kann man ja auch verstehen, dass man sich dann gerne erstmal erholen möchte. Jedoch: es ist gerade am Anfang immens wichtig, dass die Kinder a) extrem viel Körperkontakt bekommen und b) oft angelegt werden, damit sie eben einfach auch wieder zu Kräften kommen.

Kirsten: Das hat mich so an deinem Stillpaket beeindruckt! Dass es langfristig in puncto Stillen tatsächlich entscheidend ist, wie sich die ersten Stunden, Tage und Wochen gestalten.

Patricia: Definitiv. Die ersten zwei Wochen entscheiden maßgeblich darüber, ob die Frau – über die gesamte restliche Stillzeit hinweg – genügend Milch produzieren kann. In dieser Zeit muss sie praktisch dafür sorgen, dass ihr Prolaktinspiegel – Prolaktin ist das entscheidende Stillhormon für die Milchproduktion – möglichst weit nach oben getrieben wird. 

Kirsten: Wie macht sie das?

Patricia: Ganz einfach durch wirklich häufiges Anlegen. Denn bei jeder Stillmahlzeit steigt der Prolaktinspiegel deutlich an. Viele Frauen gehen irrtümlicherweise davon aus, dass es allein die Nachfrage des Babys ist, die die Milchproduktion anregt. Das stimmt so nicht. Ohne einen hohen Prolaktinspiegel kann die Milchproduktion nicht in dem Maße gesteigert werden, wie es der größer werdende Hunger des Babys in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten verlangt. Und nur in den ersten zwei Wochen kann der Prolaktinspiegel wirksam nach oben getrieben werden. Ohne diesen ist es unheimlich schwierig, die Milchmenge später zu steigern. Und genau das bedeutet im Zweifelsfalle zusätzlichen Stress und führt dazu, dass Frauen nach wenigen Wochen aufhören zu stillen. Weil aufgrund des nicht rechtzeitig gesteigerten Prolaktinspiegels einfach nicht genügend Milch da ist. 

Kirsten: Wie viel Zeit hat eine Hebamme eigentlich für Wochenbettbesuche? Ich meine damit den Zeitaufwand, für den sie bezahlt wird.

Patricia: Also das ist ja so, dass wir für die Zeit des Wochenbetts gemäß einer Pauschale bezahlt werden. Das heißt: ganz gleich wie lange wir bei der Frau sind – wir bekommen einen festen Betrag. Das sind um die 38,- Euro und ein paar Zerquetschte. Von daher ist es jeder Hebamme selbst überlassen, die Zeit für Wochenbettbesuche zu regulieren. Aber im Prinzip lohnt es sich eigentlich für uns nur, wenn wir das ungefähr halbstündlich takten. Also wenn wir praktisch eine halbe Stunde Zeit bei einer Frau verbringen und wieder weiterfahren zur nächsten. Nur so lohnt es sich wirtschaftlich für uns, Wochenbettbesuche zu machen. Ich persönlich kalkuliere pro Frau mit einer Stunde Zeitaufwand – inklusive An- und Abfahrt zur nächsten. Aber oft ist es ja auch so, dass die Frauen eindeutig länger brauchen – gerade in den ersten zwei, drei Wochen. Da ist es oft so, dass ich viel länger bei den Frauen bleiben muss, weil einfach der Redebedarf immens groß ist und sie viele Fragen haben.

Kirsten: Auf der einen Seite stehen die Frauen mit allen ihren Fragen, ihrem Redebedarf, ihren kleinen und großen Sorgen. Und auf der anderen Seite stehst du mit deiner „Liste” an Punkten, die du erfragen/kontrollieren/prüfen musst. Oder hast du so eine „abzuarbeitende Checkliste” gar nicht? 

Patricia: Ich achte darauf, wie die Rückbildung der Frau verläuft – ob das mit der Blutung alles zusammenpasst oder ob die Blutung sich vielleicht staut. Dann muss ich Blutdruck und Fieber messen und im Auge behalten: wie geht es der Frau überhaupt? Dann wollen ja viele auch noch mal über die Geburt an sich reden. Klar – das gehört gerade am Anfang natürlich dazu – manchmal braucht man da aber noch auch die Folgetage. Dann kann es natürlich auch gut sein, das Ängste oder Sorgen hochkommen. Und dann brauche ich ja auch definitiv Zeit für das Kind! Immer wiegen und prüfen: Bekommt es genügend Milch? Gerade wenn die Frau stillt, schwankt das manchmal auch. Und dann muss man sich ganz oft auch immer noch spontan überlegen, was man macht, wenn das Baby nicht zunimmt. 

Dann gucke ich mir in den ersten Tagen die Kinder ja auch immer nackt an, und prüfe, wie der Nabel verheilt. Ich wasche und bade die Kinder auch – gemeinsam mit den Frauen – und informiere über Körperpflege.

Du siehst: da kommt schon so einiges zusammen bei einem Wochenbettbesuch. Und  das alles in einer halben Stunde? Ist manchmal doch ein bisschen eng …

Kirsten: … und dann eben noch verschiedene Still-Positionen ausprobieren?! Ich meine, manche Kinder können ja auch in der einen Lage viel besser gestillt werden als in einer anderen Haltung, oder?

Patricia: Genau, und es ist für die Frauen häufig bequemer – gerade nachts – im Liegen zu stillen und tagsüber noch mal verschiedene andere Positionen auszuprobieren. Und manche Kinder nehmen ja nicht sofort die Brust. Bei manchen braucht man einfach echt lange, bis sie die richtige Position gefunden haben, und sie wirklich gut an der Brust saugen. 

Kirsten: Gibt es bestimmte Positionen/Stillhaltungen, in denen die Milch grundsätzlich besser fließt als in anderen?

Patricia: Jein … Frauen fühlen sich manchmal in bestimmten Positionen entspannter und daher besser, sodass sie diese dann vorziehen. Eine definitiv bevorzugte Position ist sicher die Wiegeposition, bei der das Baby praktisch vor dem Bauch liegt. Grundsätzlich muss man eben gucken wie’s klappt und einfach ein bisschen ausprobieren. 

Kirsten: Trotz aller Vorbereitungen und aller Theorie – letztendlich holt einen ja doch auch die Realität ein … Arbeitest du mit Puppen, anhand derer du zum Beispiel das Anlegen übst oder Positionen ausprobierst?

Patricia: Nein, das mache ich normalerweise nicht. Während der Schwangerschaft üben wir auch nicht das Stillen, sondern da geht es um die Wissensvermittlung: Worauf ist generell zu achten? Was gibt es für Anzeichen, dass es gut klappt beziehungsweise nicht so gut klappt? Die verschiedenen Positionen und das Anlegen an sich muss man am besten mit dem Kind zusammen üben, weil: jedes Kind fasst sich anders an und legt sich auch anders an. Jede Brust ist unterschiedlich und jede Frau  bevorzugt eine andere Handhabung ihres Kindes. Manche Kinder haben direkt einen ganz starken Saugreflex und andere tun sich damit ein bisschen schwerer. All das ist wirklich ganz, ganz individuell!

Kirsten: Stecken hinter allem eigentlich „nur” die Hormone oder hat hier und da auch die Psyche ihre Finger im Spiel und sorgt dafür, dass das Stillen manchmal nicht so läuft wie die Frau sich das vorgestellt/erträumt/erwartet hatte? Anders ausgedrückt: Kann ich mir selbst auch so viel Stress machen, dass die Milch nicht fließt oder sich staut?

Patricia: Ja, unbedingt. Das ist auf jeden Fall ein ganz starkes Zusammenspiel zwischen Kopf und Körper. Viele Frauen machen sich ja schon im Vorweg Stress indem sie zum Beispiel immer dazu sagen „ … wenn es denn klappt.” Dieses verringerte Vertrauen in sich selbst manifestiert sich oftmals in ihnen und führt dann regelrecht dazu, dass sie später mehr oder weniger eine Blockade im Kopf haben. Dazu ist ganz klar zu sagen: Im Prinzip und rein körperlich kann fast jede Frau stillen. Nichtsdestotrotz hängt es auch davon ab, wie die Geburt verlief und wie es den Kindern „hinterher” geht. Ob die Kinder vielleicht sehr schlapp sind oder auch die Frau über das normale Maß hinaus sehr müde ist oder ob das Kind vielleicht sogar auch auf eine Intensivstation verlegt werden musste. Dann sind die Umstände das ursächliche Problem, weshalb es mit dem Stillen einfach nachher nicht gut läuft. Aber wenn die Geburt so weit ganz gut verlief und es beiden hinterher gutgeht – dann sind die Voraussetzungen auf jeden Fall sehr gut.

Und dann ist es auch einfach wichtig, dass sich die werdende Mutter schon in der Schwangerschaft mental ein bisschen vorbereitet hat – sich zum Beispiel vielleicht mal vorgestellt hat, wie es nachher ist, das Baby anzulegen und viel mit dem Baby zu kuscheln und ganz viel Körpernähe aufzubauen. Es ist unheimlich wichtig, zulassen zu können, dass das Baby praktisch permanent an einem „dran” ist.

Am schönsten ist es natürlich, wenn die Frau beim Stillen einfach präsent ist und sich ausschließlich auf ihr Baby und aufs Anlegen konzentriert – und versucht, diesen Moment einfach nur zu genießen. Ganz einfach weil da ganz viel „Bonding”, ganz viel Liebe ist, die ja auch fließen kann. Wenn sie Ihr Baby anguckt und sehr präsent ist, dann „sprudeln” idealerweise die Hormone, das Oxytocin, sodass ideale Voraussetzungen herrschen, damit die Milch einfach gut fließen kann. 

Ich persönlich finde es immer ratsam und schöner, wenn die Frauen sich dann auch aufs Stillen konzentrieren und nicht so viele Sachen nebenbei machen. Vor allen Dingen nicht immer aufs Handy gucken!

Kirsten: Wie stehst du zum Thema „Abpumpen”?

Patricia: Abpumpen ist manchmal sehr hilfreich – ganz klar. Gerade in der ersten Zeit braucht man das manchmal auch. Nachher kommt es so ein bisschen drauf an: Manche Frauen stillen voll, da funktioniert alles gut, manche müssen zusätzlich noch abpumpen – aus welchen Gründen auch immer. Es gibt aber auch Frauen, die pumpen praktisch voll und füttern dann komplett mit Flasche. Einige stillen hauptsächlich und pumpen hin und wieder ab, damit zum Beispiel der Vater mal eine Flasche geben und sie entspannt allein zum Rückbildungskurs gehen kann. Manche Frauen tun sich leicht mit Abpumpen; für andere ist es schwierig, weil es ihnen zu technisch ist und/oder sie einfach ein ungutes Gefühl haben. Es kommt wirklich immer wieder auf die jeweilige Situation an – das muss wirklich jede Frau für sich entscheiden. 

Kirsten: Worauf zielt dein Still-Kit ab? Warum sollte eine Frau sich dein Still-Kit kaufen?

Patricia: Das Stil-Kit vermittelt wichtige Fakten, die man braucht, um beim Thema Stillen von Anfang an zu wissen, was wichtig ist beziehungsweise worauf es ankommt – sowohl mental/psychisch als auch ganz praktisch. Dadurch gewinnt jede Frau an Sicherheit und Selbstbewusstsein. Das ist gerade in den ersten Tagen im Wochenbett wichtig. Alles ist komplett neu, sie hat gerne mal fünf Schwestern/Freundinnen oder andere helfende und Rat gebende Menschen um sich, die alle unterschiedliche Meinungen vertreten … Wenn du aber selbst einfach schon weißt, was du machen und worauf du achten musst und wie das Ganze funktioniert, dann gibt dir das so viel mehr Sicherheit, dass eben auch alles gut funktionieren kann.

Das e-Book enthält zusammenfassende Texte und Stichpunkte aus dem Stillgespräch-Video. © Patricia Langeheinecke

Kirsten: Wie ist dein Still-Kit aufgebaut? Was ist das Herzstück?

Patricia: Das Still-Kit ist wie ein E-Book aufgebaut – man kann es auf dem Handy, auf einem Tablet oder am Computer lesen. Zu den einzelnen Themen – wie zum Beispiel „Ernährung in der Stillzeit” oder „Stillen in den ersten drei Tagen” oder „Stillen in den ersten zwei Wochen” – habe ich immer einen kurzen Text geschrieben, gefolgt von „Infoboxen” in denen in Stichworten kurz und knapp zusammengefasst ist, worauf zu achten ist beziehungsweise wie etwas funktioniert. Als Herzstück empfinde ich mein 45-minütiges Video, in dem ich ein Stillgespräch aufgezeichnet habe. Hier vermittle ich die Inhalte, die ich auch in einem persönlich stattfindenden Stillgespräch unter vier Augen thematisiere. Abgerundet wird das Still-Kit von:

• zwei bebilderten „Schritt-für-Schritt-Anleitungen” zu den Themen Anlegen und Brustmassage, 
• einer Checkliste für den Still-Start,
• einem Stillprotokoll,
• fünf Rezeptkarten zum Thema Ernährung in der Stillzeit sowie
• einem Schild mit der Aufschrift „Bitte nicht stören. Wir machen Familienzeit”. 

Da ich neben meinem Beruf sehr gerne male und auch Handlettering mache, ist alles von mir selbst gestaltet worden.

Kirsten: Zum Schluss möchte ich nochmal auf zwei Stichworte kommen, die in einem auf den ersten Blick vielleicht weit gefassten Zusammenhang zu stehen scheinen: Das ist zum einen der Saugreflex, über den wir vorhin schon kurz gesprochen haben, und zum anderen das Thema Rückbildung. Wie gehören die beiden zusammen?

Patricia: Dahinter steckt ein angeborener Instinkt: nach rund 20 Minuten macht sich ein Neugeborenes praktisch „von selbst auf den Weg”, um die Brust zu suchen und um mit dem Saugen zu beginnen. Durch diesen Saugreflex wird die Ausschüttung des Hormons Oxytocin – auch als „Wehen- und Still-Hormon” bekannt – angeregt, was wiederum folgende Effekte hat: Erstens fördert ein erhöhter Oxytocinspiegel die Mutter-Kind-Bindung und zweitens zieht sich die Gebärmutter dadurch so weit zusammen, dass sich der Mutterkuchen sehr gut lösen kann (falls er sich vorher noch nicht gelöst haben sollte) und sich Blutungen verringern. Und dadurch, dass sich der Oxytocinspiegel bei jedemStillen erhöht, zieht sich die Gebärmutter wiederholt zusammen und bildet sich so peu à peu zurück.

Kirsten: Das Stillen begünstigt die Rückbildung also nochmal zusätzlich, richtig?!

Patricia: Genauso ist es.

Kirsten: Wie lange dauert es insgesamt, bis die Gebärmutter zurückgebildet ist, also quasi ihre ursprüngliche Größe wieder erreicht hat?

Patricia: Das ist natürlich von Frau zu Frau unterschiedlich. Aber als Faustregel für die Ursprungsgröße gilt: vier bis sechs Wochen. Und ganz grundsätzlich gilt ja für die Rückbildung, dass der Körper für die vollständige Rückbildung genauso lange braucht wie für die Schwangerschaft …

Kirsten: Die Faustregel kann man sich besonders gut merken! Danke, liebe Patricia für das interessante, informative Gespräch und weiterhin viel Erfolg mit deinem Still-Kit!

Weitere Informationen zu Patricias Still-Kit findest du unter www.stillkit.de
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