Babys brauchen Platz, um so richtig gut zu wachsen. Ab einem bestimmten Zeitpunkt so viel, dass extra Platz geschaffen werden muss – vor allem im letzten Schwangerschaftsdrittel. Dafür sorgt auch die Ausschüttung des Schwangerschaftshormons Relaxin, das:
• sowohl die geraden Bauchmuskeln in der vorderen Bauchwand entspannt (sodass sie auseinanderdriften beziehungsweise auseinanderweichen) als auch
• die Gebärmutter, ihren Halteapparat und die Linea alba (den senkrecht verlaufende Sehnenstreifen oberhalb und unterhalb des Bauchnabels) entspannt.
Das Resultat: Platz für das stetig wachsende Baby und eine Diastase (vom Griechischen diastasis für „Spaltung/Auseinanderstehen”) des sich links und rechts von der Linea alba befindlichen geraden Bauchmuskels (auf Lateinisch: Musculus rectus abdominis). So weit, so gut – so normal und notwendig.
Zum vorwiegend ästhetischen „Problem” – unter dem oft das Selbstwertgefühl und die Lebensqualität der betroffenen Frau leiden kann – werden diese „gespaltenen Bauchmuskeln” und der damit oft einhergehende vermeintlich „dicke Unterbauch” erst dann, wenn der Abstand:
• sehr breit beziehungsweise lang ist (Rektusdiastasen sind durchschnittlich 2 bis 10 Zentimeter breit und 4 bis 12 Zentimeter lang),
• vor allem lange (wir reden von Monaten) über die Zeit der Schwangerschaft hinaus bestehen bleibt und /oder
• wenn das Sehnengeflecht der Linea alba sehr weich und instabil ist.
Denn eigentlich schließt sich die Diastase nach der Geburt wieder von selbst – doch immerhin bei 37 Prozent der erstgebärenden und 67 Prozent der mehrfachgebärenden Frauen, kann eine Rektusdiastase diagnostiziert werden.
Die gute Nachricht: auch für dieses Symptom gibt es eine natürliche Lösung: Ein einfaches sicheres Training, dass sowohl die Rektusdiastase schließt beziehungsweise stabilisiert als auch die Spannung in der Linea alba wieder aufbaut.
Denn das Ziel ist nicht das alleinige Schließen der Rektusdiastase. Das Trainingsziel beinhaltet immer auch den Spannungs- und Stabilitätsaufbau in der Linea alba. Wenn diese wieder eine gute Spannung hat, ist es nicht schlimm, wenn die geraden Bauchmuskeln sich nicht ganz wieder schließen.
Wie erkenne ich eine Rektusdiastase?
Eine Rektusdiastase kann sich anhand verschiedener Symptome zeigen, die – wie so oft in der Medizin – alle gemeinsam oder in unterschiedlich starker Ausprägung auftreten können. Dieses sind die auffälligsten Symptome der Rektusdiastase, die du leicht selbst erkennen beziehungsweise erspüren kannst:
• Speziell im Liegen auf dem Rücken siehst und fühlst du einen weichen Spalt/einen „Graben”/eine weiche Vertiefung. Mindestens zwei Finger breit. In der Mitte deiner Bauchdecke, ober- und unterhalb des Nabels beziehungsweise vom Bauchnabel bis zu deinem Brustbein hoch und/oder vom Bauchnabel bis zu deinem Schambein herunter. Kurz: entlang deiner Linea alba.
• Deine Bauchnabelregion ist sehr weich und bei Druck von außen sehr nachgiebig.
• Besonders wenn du liegst und den Kopf anhebst oder aus dem Liegen aufstehst, wird entlang der Mittellinie deines Bauches (Linea alba) eine kegelförmige Auswölbung sichtbar.
• Dein Bauch ist vorgewölbt, erscheint größer/dicker und du fühlst dich „wie in der 25. SSW”.
• Du hast ein weiches, instabiles Gefühl in deiner Körpermitte.
• Du kannst deine Organe direkt unter der Haut tasten beziehungsweise siehst die natürlichen Bewegungen, die dein Darm macht.
Sind diese auseinander stehenden, gespaltenen Bauchmuskeln für Frauen unangenehm, schmerzlich oder gar gefährlich?
Im Rahmen einer schwach ausgeprägten Rektusdiastase treten in der Regel keine schmerzhaften Symptome auf. Dennoch kann es zu Beeinträchtigungen im Alltag kommen:
• Du fühlst dich instabil und spürst einen generellen Kraftverlust im Bauch beziehungsweise Rumpf – speziell beim Aufsetzen, Aufstehen, Heben, Tragen oder bei sportlichen Aktivitäten – aus dem sich unter anderem Schonhaltungen entwickeln können, die mittelfristig wiederum zu Schmerzen können.
• Du fühlst dich verstopft, hast Probleme im Magen-Darm-Bereich oder verspürst Übelkeit.
Im Rahmen einer stärkeren Rektusdiastase kann es zu deutlich unangenehmen bis schmerzlichen Symptomen kommen. Dazu zählen:
• Beckenbeschwerden wie Inkontinenz oder Organabsenkungen,
• Schmerzen im Rücken-, Gesäß- und Hüftbereich,
• im Bereich der Bauchdecke und
• des Kreuzbeins beziehungsweise des Kreuz-Darmbeingelenkes (Iliosakralgelenkes).
Generell steigt bei einer starken, unbehandelten Rektusdiastase darüber hinaus auch das Risiko eines Bauchwandbruches beziehungsweise der Verletzung der Rektusscheide – der „Hülle”, die den geraden Bauchmuskel umschließt.
Tritt eine starke Rektusdiastase bereits während der Schwangerschaft auf, so ist zudem mit der Beeinflussung der Austreibungsphase in Gestalt eines erschwerten Pressvorgangs zu rechnen.
Das sind die „Dos” bei einer Rektusdiastase:
• Trage dein Baby stets nah am Körper. Nah bedeutet zum Beispiel: Tuch – nicht Autositz mit Henkel.
• Drehe dich vor dem Aufstehen aus dem Liegen vom Rücken auf die Seite und begebe dich unter Zuhilfenahme deiner Arme in die Sitzposition.
• Beginne möglichst schon im Wochenbett mit einem gezielten, therapeutischen Training unter qualifizierter Anleitung.
Zum Beispiel mit der Sanduhratmung:
Lege dich mit lang ausgestreckten Beinen auf den Rücken. Mache dich so lang wie möglich (wenn dir dabei der untere Rücken wehtut, lege dein Becken auf eine Wolldecke oder stelle die Füße auf). Achte darauf, dass du dein Becken nicht kippst (unter der Lendenwirbelsäule (ungefähr auf Bauchnabelhöhe) gibt es eine kleine Lufthöhle – einen kleinen Bereich, in dem der Rücken die Matte nicht beziehungsweise kaum berührt.
Lege die Hände seitlich auf den Bauch. Atme normal durch die Nase ein und atme lang durch eine Lippenbremse („pffffff”) wieder aus. Ziehe beim Ausatmen alle Rumpfmuskeln – Bauch, Taille und (in deiner Vorstellung) auch den Rücken – ein. Mache dir also eine „Bella Figura” – eine rundum schöne Bikinifigur oder auch „Sanduhr-Taille”. Achte unbedingt darauf, nicht das Becken zu kippen. Die kleine Lufthöhle bleibt die ganze Zeit bestehen!
Versuche beim Einatmen ganz bewusst, oben in den Brustkorb unter die Rippen zu atmen und den Bauch dabei entspannt zu lassen. Ausatmen – von unten nach oben wieder „bikinischön“ werden.
Du müsstest unter deinen Händen fühlen können, wie die schrägen Bauchmuskeln bei der Ausatmung fest werden. Dieses sind genau die Muskeln, die wir für die Verringerung der Rektusdiastase trainieren wollen. Du kannst diese Übung auch mit deinem Baby auf dem Bauch machen. Oder im Bett – falls du nicht sofort nach dem Hinlegen erschöpft in den Tiefschlaf fallen solltest …
• Nimm eine gute, richtige Körperhaltung ein. Diese führt zu einem erhöhten Grundtonus der Rumpf-Tiefenmuskulatur in Beckenboden, Bauch und Rücken. Dadurch wird ganz von allein der Druck auf die Bauchdecke und auf den Beckenboden verringert und das Risiko von Organsenkungen reduziert.
• Trainiere eine Kombination aus gezieltem Beckenbodentraining und der bewussten Anspannung der tiefen Bauchmuskulatur: Statische, ruhige Bauchmuskelübungen, bei denen – mit viel Spannung in den tiefen Bauchmuskelschichten (quer und schräg) – der untere Bauch sichtbar flach (eingezogen) bleibt und das Becken nicht kippt.
• Trage keine schweren Lasten.
• Trainiere statisch – nicht dynamisch. Dynamische Übungen haben den Effekt, dass sie zusätzlichen Druck – sowohl nach unten auf den Beckenboden als auch nach außen auf die Bauchdecke – ausüben.
Das sind die „Don’ts” bei einer Rektusdiastase:
• Mache keine Übungen, die die geraden Bauchmuskeln trainieren. Das heißt zum Beispiel: keine klassischen Sit-ups und keine Crunches.
• Richte dich aus dem Liegen nicht gerade auf.
Wichtig: Trainiere deine Bauchmuskeln mit Bauchgefühl!
Du kannst ganz einfach trainieren, wie du deine tiefen Bauchmuskeln anspannen beziehungsweise aktivieren kannst, ohne dass deine geraden, äußeren Bauchmuskeln nennenswert mitarbeiten (diese dürfen in den Übungen lediglich einen leichten Grundtonus/eine Grundanspannung haben, aber nicht kräftig angespannt werden. Das wäre kontraproduktiv, da ein solches Training die geraden Bauchmuskeln verkürzen und damit die Reduzierung der Rektusdiastase deutlich erschweren würde.
Wichtig zu wissen ist:
• Nur eine einigermaßen trainierte tiefe Bauchmuskelschicht stabilisiert deine Linea alba und hält dauerhaft deine geraden äußeren Bauchmuskeln zusammen. Und darauf kommt es langfristig an: Denn die geraden äußeren Bauchmuskeln können bei Überlastung (wie zum Beispiel durch häufiges schweres Heben oder langes Tragen von hohem Gewicht bei falscher Körperhaltung) auch wieder auseinanderdriften.
• Ein anatomisch präzise angeleitetes Beckenbodentraining verringert die Rektusdiastase sehr effektiv, da die schrägen Buchmuskeln direkt mit der inneren tragenden Beckenbodenschicht (dem Levator Ani) zusammenarbeiten.
• Im Alltag können Gurte oder stützende Slips deine Aufmerksamkeit auf diese Körperregion lenken und die Belastung auf die Bauchdecke reduzieren – ein effektives Training ersetzen können sie nicht.
Fazit: Jede Frau kann ihre Rektusdiastase zu jeder Zeit reduzieren.
Mit einer schrittweisen Kräftigung der Bauchwand durch eine verbesserte Körperhaltung und einem gezielten Training nur der quer, tief und schräg verlaufenden Bauchmuskeln sowie der Beckenbodenmuskeln lassen sich sehr gute Erfolge zur Reduktion beziehungsweise Stabilisation einer Rektusdiastase erzielen. Einer wichtigen Voraussetzung für die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Body Positivity. Voraussetzung dafür ist ein Trainingskonzept, das präzise und realistisch auf den Alltag einer jungen Mutter mit Baby abgestimmt ist und von einer speziell für die Rückbildung einer Rektusdiastase ausgebildeten Trainerin/Lehrerin angeleitet wird.